Interview mit Mikrobiologin Dr. Lisa Voskuhl
Wie Algen-Bakterien-Gemeinschaften Erdöl abbauen
- 18.09.2025
Ölkontaminationen gefährden die Umwelt. Auf dem Meer, im Süßwasser, in Wäldern und auf der Straße kann Erdöl erhebliche Schäden anrichten. Die Mikrobiologin Dr. Lisa Voskuhl untersucht, wie Gemeinschaften aus Algen und Bakterien auf natürlichem Weg Öl abbauen. Ihre Forschung an der Universität Duisburg-Essen wird von der Daimler und Benz Stiftung seit 2025 mit 40.000 Euro gefördert – diese vergibt jährlich zwölf Stipendien an ausgewählte Postdoktorand:innen mit Leitungsfunktion und Juniorprofessor:innen. Das Interview führte die Stiftung.
Frau Dr. Voskuhl, beim Thema Erdöl in der Umwelt denken die meisten von uns an havarierte Öltanker und Naturkatastrophen. Aber Sie forschen zu natürlich vorkommenden Öllecks?
Eigentlich ist Erdöl ein Naturprodukt, das einen biologischen Ursprung hat und über Millionen von Jahren durch geologische Prozesse entstanden ist. Auch ohne menschliches Zutun gelangt es konstant an die Erdoberfläche. Daher gibt es auf der Erde einige natürliche Teer- oder Ölaustritte, in denen Bakterien, Algen, Pflanzen und kleinere Tiere leben. Für meine Doktorarbeit habe ich an Bakteriengemeinschaften geforscht, die ohne Sauerstoff im weltgrößten natürlich vorkommenden Ölsee in Trinidad und Tobago leben. Aber auch in Deutschland gibt es natürliche Ölvorkommen und -austritte, zum Beispiel in den Wäldern Niedersachsens.
Ich erforsche Lebensgemeinschaften von Mikroorganismen, genauer gesagt von eng zusammenlebenden Algen und Bakterien, die in natürlichen Erdölvorkommen zuhause sind. Mich interessiert, wie sie gemeinsam Öl abbauen bzw. wie sie in dieser giftigen Umgebung überleben können. Meine Wunschvorstellung ist, in Zukunft optimierte mikrobiologische Kulturen bereitstellen und bei Ölkontaminationen gezielt ausbringen zu können.
Wie muss man sich Ihre Arbeit praktisch vorstellen?
Über Spezialisten vor Ort wurden wir auf natürliche Ölaustritte aufmerksam und konnten dort Proben nehmen. Danach beginnt unsere Arbeit im Labor: Unter dem Mikroskop isolieren wir die Algenkulturen in vorsichtiger Handarbeit – bisher sind es etwa 150 Kulturen. Mit einigen Algen haben wir zielgerichtete Ölabbau-Experimente durchgeführt. Dazu haben wir beispielsweise eine bestimme Alge mit und ohne ihre Bakterien in Öl inkubiert; außerdem haben wir die Bakterien allein untersucht. Wir konnten bisher beobachten, dass die Gemeinschaft von Algen und Bakterien effizienter beim Abbau von Rohöl ist, als wenn die jeweiligen Organismen allein sind.
Sie wollen solche Kulturen weiterentwickeln, um sie beispielsweise zum Abbau von ausgelaufenem Motoröl und Diesel auf Straßen oder Schweröl in Salz- und Süßgewässern und in Böden einzusetzen?
Das ist das Ziel unserer Forschungsarbeit. Ein anderes Beispiel, das wir im Labor gerade untersuchen, ist eine bestimmte Algenart, die zusammen mit ihren Bakterien Ölklumpen bildet. Diese Klumpen könnten dann im Fall eines Ölaustritts einfach mechanisch abgeschöpft und eingesammelt werden.
Im Bild: Die Mikrobiologin Dr. Lisa Voskuhl untersucht, wie Algen-Bakterien-Gemeinschaften Erdöl aus natürlich vorkommenden Lecks in der Natur abbauen. Ziel ist es, mit diesem Wissen künftig Schäden durch Ölkatastrophen zu minimieren.
Zum vollständigen Interview auf den Seiten der Stiftung.
Weitere Informationen:
Dr. Lisa Voskuhl, Mikrobiologie von Ökotonen, Tel. 0201/18 3-6612, lisa.voskuhl@uni-due.de