Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Mercator-Professur 2006

Necla Kelek und der Islam

[07.11.2006] Die bekannte Publizistin Dr. phil. Necla Kelek (u.a. „Die fremde Braut“) ist die neue Inhaberin der Mercator-Professur an der Universität Duisburg-Essen. Sie wird im Wintersemester zwei öffentliche Vorträge an den beiden Uni-Campi halten. Am 16. November referiert sie im Duisburger Audimax über „Islam, Religion und Politik. Eine Religion als politische Bewegung“.

Am 18. Januar setzt sich Dr. Kelek im Audimax in Essen mit dem Thema „Islam, Religion und Reform. Anmerkungen zur Integration einer Religion in die Demokratie“ auseinander. Die Vorträge beginnen jeweils um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei, rechtzeitiges Erscheinen ist empfehlenswert, weil mit einem großen Andrang gerechnet wird.

In ihren beiden Vorlesungen im Rahmen der Mercator-Professur wird sich Dr. Kelek mit dem Islam als politische Bewegung und dessen Integration in die Demokratie auseinandersetzen. Denn obwohl täglich über den Islam, den Islamismus, über Integration von Islam und Muslimen, Moscheebau, Kopftuch, Zwangsheirat und Terror berichtet wird, halten sich die politischen Redakteure und Feuilletonisten, die Politiker und Theologen bislang auffallend zurück, wenn es um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Religion geht, kritisiert Kelek.

Bei der Diskussion über und mit dem Islam müsse es aber darum gehen, fordert die Mercator-Professorin, Wege zu finden, das individuelle Recht auf Glauben und die Freiheit vom Glauben zu bewahren, d.h. die Trennung von Staat und Religion auch für den Einzelnen durchzusetzen. In ihren Vorträgen wird Dr. Kelek untersuchen, welche Politik und welche Strukturen im Namen des Islam vertreten und gefördert werden und wie demokratische Öffentlichkeit darauf reagiert.

Necla Kelek hat in Deutschland Volkswirtschaft und Soziologie studiert und über das Thema „Islam im Alltag“ promoviert. Sie forscht zum Thema Parallelgesellschaften und berät u. a. die Hamburger Justizbehörde zu Fragen der Behandlung türkisch-muslimischer Gefangener. Im November 2005 wurde sie für ihr Engagement mit dem Geschwister-Scholl-Preis der Stadt München ausgezeichnet. Ende September hat sie für ihr jüngstes Buch „Die verlorenen Söhne“ den internationalen Sachbuchpreis CORINE 2006 erhalten. Sie ist geladene Teilnehmerin der Islamkonferenz der Bundesregierung, die Anfang Oktober unter Vorsitz von Bundsinnenminister Schäuble einberufen wurde.

Necla Kelek hat im letzten Jahr mit ihrem Buch „Die fremde Braut“ eine heftige Debatte über arrangierte Ehen und Importbräute und die gescheiterte Integration der Türken in Deutschland entfacht. Im jüngsten Buch

„Die verlorenen Söhne“ wendet sie sich der anderen Hälfte der traditionell türkisch-muslimischen Gesellschaft zu: den Vätern, die als Patriarchen das Leben der Familie bestimmen, den Söhnen, die sich von den Müttern vorschreiben lassen, wen sie zu heiraten haben, und den Brüdern, die ihre Schwestern kontrollieren und bestrafen. Anhand von Lebensgeschichten muslimischer Männer ? vom Mörder bis zum Vorbeter einer Moschee ? untersucht Necla Kelek das auf Ehre, Schande und Respekt, tatsächlich aber auf Gehorsam und Gewalt aufgebaute System der traditionell türkisch-muslimischen Erziehung.

Mit der Mercator-Professur soll das wissenschaftliche Vermächtnis des berühmten Duisburger Kartographen und Universalgelehrten aus dem 16. Jahrhundert wachgehalten werden. Zentrales Kriterium für die Vergabe der Mercator-Professur ist Weltoffenheit und Weitblick für die wichtigen Zeitfragen. Die bisherigen Inhaber der Mercator-Professur waren Bundesaußenminister a.D. Hans-Dietrich Genscher, der Schriftsteller Siegfried Lenz, der Literatur- und Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma, die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts a.D. Prof. Dr. Jutta Limbach, der Filmregisseur Volker Schlöndorff, der Journalist und TV-Moderator Ulrich Wickert, der ehemalige Top-Manager und Autor Daniel Goeudevert, der Schriftsteller Walter Kempowski sowie Bundespräsident a.D. Dr. Richard von Weizsäcker.

Koordiniert wird die Mercator-Professur durch das Zentrum für Interdisziplinäre Studien an der Universität Duisburg-Essen.

Redaktion: Beate H. Kostka, Tel. 0203/379-2430

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