Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Vorschlag zur Mehrheitsregel im deutschen Fußball

„Agenda 50+1“ als Kompromiss

[08.01.2009] Im deutschen Profi-Fußball sorgen Dietmar Hopps Investitionen in 1899 Hoffenheim aktuell für Furore. Doch während Kapitalgeber in anderen europäischen Ligen für ihr Geld die Mehrheit eines Fußballvereins erwerben können, hält Hopp „nur“ 49 Prozent der Anteile am Herbstmeister. Der Grund: die „50+1-Regel“. Sie besagt, dass ein externer Investor keine Stimmenmehrheit an einem Verein übernehmen darf. Dies erntet in der Bundesliga Zustimmung, aber auch Kritik. Einen Vorschlag, wie man beide Seiten miteinander versöhnen kann, legt nun Prof. Dr. Tobias Kollmann von der Universität Duisburg-Essen (UDE) mit der „Agenda 50+1“ vor.

„Es geht darum, einen Kompromiss zwischen Liga, Vereinen, Fans und Investoren hinzubekommen, mit dem die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden“, erklärt Prof. Kollmann, Lehrstuhlinhaber für E-Business und E-Entrepreneurship. Nicht die Abschaffung oder Beibehaltung der Regel stehe dabei im Mittelpunkt, sondern die Frage, wie eine Aufnahme von Investoren gerecht gestaltet werden kann. Die bestehende Regelung sieht vor, dass ein Fußballverein einer Aktien- oder Kapitalgesellschaft immer 50 Prozent plus eine Stimme halten muss. So sollte bisher eine Übernahme von Klubs insbesondere durch ausländische Investoren verhindert werden. Regel-Befürworter wollen damit eine Art Oligarchie verhindern, während sich Regel-Gegner durch eine Abschaffung mehr internationale Wettbewerbsfähigkeit versprechen.

Mit der „Agenda 50+1“ schlägt Prof. Kollmann einen Kompromiss vor und formuliert elf Punkte zur Einbindung von Investoren: So sollen Quellen-, Unabhängigkeits- und Singularitätsnachweise sicherstellen, dass das Investitionskapital erstens aus seriösen Quellen stammt, zweitens durch das finanzielle Engagement keine Abhängigkeiten für die sportliche Entscheidungsstruktur entstehen und drittens keine Beteiligung eines Investors an mehr als einem Verein möglich ist. Die Lock-up-Periode soll zudem gewährleisten, dass es sich um eine langfristige, strategische Anlage handelt. Das Staging garantiert, dass die Übernahme der Mehrheit nicht in einem, sondern in mehreren Schritten erfolgt.

Ebenfalls zu den Rahmenbedingungen gehören die Rückkaufoption und das Vorkaufsrecht. Durch sie soll der Verein die vergebenen Investorenanteile generell und auch vor dem Weiterverkauf an Dritte wieder zurückerlangen können. Die Punkte Gewaltenteilung und Fanbeirat klären, wer in welchem Bereich das Sagen hat. So stellt eine Gewaltenteilung sicher, dass der Investor nicht direkt oder indirekt Einfluss auf das operative Tagesgeschäft nimmt, sondern sich auf seine Kontrollrechte konzentriert. Aber auch die Fans bleiben nicht außen vor: Durch die Einrichtung eines Fanbeirates haben auch ihre Stimmen im Kontrollorgan des Vereins Gewicht. Dass der Investor unverhältnismäßige Preissteigerungen bei Tickets und Merchandising durchsetzt, verhindert die Preissteigerungslimitation. Die Ausschüttungslimitation regelt, dass nicht der gesamte Gewinn an den Investor ausgeschüttet und somit dem Verein entzogen wird.

„Vor dem Hintergrund dieser gemeinsamen Spielregeln könnten externe Kapitalgeber den deutschen Fußball im internationalen Vergleich wieder nach vorne bringen“, meint Prof. Kollmann. Denn dass Finanzspritzen von Investoren den Fußballvereinen nicht unbedingt schaden müssen, zeigen die aktuellen Beispiele aus der ersten Fußballbundesliga.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Tobias Kollmann, Tel. 0201/183-2884, tobias.kollmann@uni-due.de

Redaktion: Cathrin Becker, Tel. 0203/379-1489

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