Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Impulse geben für kulturelle Integration älterer Migranten

Anerkennung von Lebensleistungen

[23.03.2010] Kulturelle Angebote für Migranten? Vor dem geistigen Auge steigen da Bilder von „Festen der Kulturen“ oder multikulturellen Straßenfesten auf: Türken hinter Dönerständen, trommelnde Afrikaner, Bauchtanz. Eher folkloristische Einlagen, aber mit einem kulturellen Angebot hat das wenig zu tun. Und ältere Migranten werden meist gar nicht berücksichtigt. Eine Diskussion über dieses bislang wenig beachtete Thema innerhalb der Integrationsdebatten will nun das Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung (RISP) an der Universität Duisburg-Essen (UDE) anstoßen. „Es geht schließlich auch um die Anerkennung von Lebensleistungen“, erklärt Dr. Ute Pascher vom RISP.

Im Impulspapier „Kulturelle Angebote für ältere Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in NRW“ fordern die Forscher des RISP einen Dialog auf Augenhöhe, zum Beispiel durch die Einrichtung von Runden Tischen, an denen neben kommunalen auch Migrantenselbstorganisationen Platz nehmen sollen. Denn bei der Entwicklung solcher Angebote gilt es zunächst einmal, die Bedürfnislage zu erforschen. „Es scheinen dabei eher Fragen des individuellen Lebensstiles wichtig zu sein, als der Migrationshintergrund an sich“, meint Pascher. Die Gruppe der Zugewanderten setze sich ja sehr unterschiedlich zusammen – im Hinblick auf das Herkunftsland, Bildungsstand und Religion.

„Ein exotisches, abwegiges Thema“

Den größten Anteil an älteren Migranten stellen die Gastarbeiter der 50er bis 70er Jahre. Diese Bevölkerungsgruppe wird in den nächsten Jahren prozentual am stärksten wachsen, waren die ausländischen Arbeitskräfte doch alle ungefähr im gleichen Alter, als sie nach Deutschland kamen. „Aber kulturelle Angebote für Ältere mit Zuwanderungsgeschichte - das ist für die meisten bislang ein exotisches, abwegiges Thema“, erklärt Dr. Pascher, die ein gleichnamiges Projekt im RISP leitete, das vom Landesministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration (MGFFI) gefördert wurde. Dies hänge auch damit zusammen, dass Migranten in der Öffentlichkeit oft nur als Gruppe mit „Problemen“ und „Defiziten“ wahrgenommen würden. „Potenziale werden kaum gesehen“, so Pascher.

Zwar sind Schwierigkeiten vorhanden, mit denen ältere Menschen mit Migrationshintergrund häufiger zu kämpfen haben als andere Senioren. Die Arbeitsbedingungen und der niedrige Lohn als Gastarbeiter führen im Alter oft zu gesundheitlichen Problemen und kleinen Renten. Deshalb geht es letztendlich natürlich auch um die Finanzierung der Angebote. Dafür müssten Sponsoren gefunden werden, was bei der momentanen wirtschaftlichen Lage nicht einfach sein dürfte. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen, die einmal Gastarbeiter beschäftigten und deshalb als erste Ansprechpartner in den Sinn kämen, heute nicht mehr existieren oder in anderen Unternehmen aufgegangen sind.

Auch Verständigungsprobleme gibt es. Doch gerade mit kulturellen Angeboten ließen sich diese überwinden. „Man denke nur an Chöre, in denen Lieder in verschiedenen Sprachen gesungen werden können“, sagt Pascher.

Angebote von Migranten für Migranten

Aber, so betont die Soziologin, es dürfe nicht ausschließlich um Veranstaltungen gehen, bei denen zugewanderte Frauen und Männer mit Einheimischen zusammen kämen. Genauso wichtig seien Angebote von Migranten für Migranten, beispielsweise Dichterlesungen in den jeweiligen Sprachen. „Wenn Veranstaltungen sich nur an Migranten richten, wird das oftmals als Abschottung verurteilt“, kritisiert sie. Es sei jedoch wichtig, sich in erster Linie an den Bedürfnissen der älteren Zuwanderer zu orientieren. Dadurch könne den ehemaligen Gastarbeitern Anerkennung ihrer Lebensleistung gezollt werden. „Einem deutschen Senior würden wir ja auch zugestehen, nicht zu einem Hip-Hop-Konzert gehen zu wollen.“

Weitere Informationen: Dr. Ute Pascher, Tel. 0203/3630332, ute.pascher@uni-duisburg-essen.de

Redaktion: Ulrike Eichweber, Tel.: 0203/379-2461

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