Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Arbeitsmarktpolitik in der Sackgasse
[06.09.2011] Die deutsche Arbeitsmarktpolitik steckt nach Auffassung von Prof. Dr. Matthias Knuth in einer Sackgasse. Der Gesetzentwurf „Zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ lasse die großen Themen wie Fachkräftemangel, demografischer Wandel, Strukturwandel und Integration außen vor. Er bleibe „einer bloßen Instrumentenklempnerei verhaftet“, kritisierte der Arbeitsmarktforscher vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen bei der öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales (am Montag) in Berlin. „Auf diese Weise können Eingliederungschancen gerade nicht verbessert werden.“
Eine aktive Arbeitsmarktpolitik sollte Beschäftigten und von Arbeitslosigkeit Bedrohten durch Auffrischungs-, Anpassungs- und Aufstiegsqualifizierung den Übergang in höherwertige Beschäftigung ermöglichen. Das würde sowohl dem Fachkräftemangel entgegenwirken als auch Beschäftigungsmöglichkeiten für bisher am Arbeitsmarkt Chancenlose eröffnen, rät Knuth. Stattdessen führe die Anlage des Gesetzentwurfs als „Instrumentenreform“ lediglich zur Entfristung des Vermittlungsgutscheins. Der Umgang des Gesetzgebers mit der öffentlich geförderten Beschäftigung bleibe widersprüchlich: Er sei geprägt von häufigen Kurswechseln und einer Stop-and-Go-Politik, die die Entwicklung stabiler Förderstrukturen, akzeptierter Wirkungsindikatoren und verlässlicher Evaluationen verhindere.
Die wichtigste Komponente der Beschäftigungsfähigkeit ist die Gesundheit. Ansätze der arbeitsmarktintegrativen Gesundheitsförderung sind in der Praxis längst auf dem Vormarsch, werden jedoch im Gesetzentwurf nicht einmal erwähnt. „Eine Instrumentenreform, die den Instrumentenkasten nicht für die Gesundheitsförderung öffnet, geht an der verbreitetesten Ursache von Arbeitslosigkeit und Hilfebedürftigkeit sowie an einer wesentlichen Herausforderung des demografischen Wandels vorbei!“, so Knuth. Letzteres gilt auch für die Absicht, die „Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer“ abzuschaffen, mit der bisher der Übergang in eine schlechter bezahlte Tätigkeit abgefedert werden konnte.
Angesichts der sich zuspitzenden Euro-Krise und pessimistischer werdender Wirtschaftsprognosen sollten nach Meinung Knuths die bewährten Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld bei Bedarf kurzfristig, d.h. ohne Gesetzgebungsverfahren auf dem Verordnungswege verfügbar bleiben – und deshalb jetzt nicht abgeschafft werden.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Matthias Knuth, Tel. 0203/379-1821, matthias.knuth@uni-due.de
Redaktion: Claudia Braczko, Tel. 0170/8761608, presse-iaq@uni-due.de
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