Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Amtseinführung von Rektor Prof. Lothar Zechlin

Ein eigenes Profil für jeden Campus

[19.11.2003] Vor prominenten Vertretern des öffentlichen Lebens und zahlreichen Mitgliedern der Hochschule wurde heute (Mittwoch, 19.11.) Professor Dr. Lothar Zechlin im Rahmen der Inaugurationsfeier offiziell in sein Amt als Rektor der Universität Duisburg-Essen eingeführt. Im vollbesetzten Audimax auf dem Duisburger Campus würdigten Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft und die Oberbürgermeister der beiden Städte, Bärbel Zieling und Dr. Wolfgang Reiniger, den Festakt als Ereignis, von dem an, wie Zieling sagte, „auf dem Duisburger wie dem Essener Campus nicht länger zurück, sondern konsequent nach vorn“ zu blicken sei.

Das tat der Rektor in seiner Antrittsrede. Gefragt sei weder „das Hochjubeln noch das Verdammen der Fusion, sondern nüchterne Analyse.“ Als er sie vorgenommen hatte, war Zechlin „zuversichtlich, dass wir ein Vorzeigeprojekt zustande bringen.“ Andere würden von Duisburg-Essener Fehlern lernen und Duisburg-Essener Erfolge kopieren. Denn dessen war sich der Rektor sicher: Es wird weitere Hochschulzusammenschlüsse geben; Beispiele für bereits erfolgte und solche, die diskutiert werden, hatte er seinen Hörern bereits genannt.

Es sei Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für solche gewünschten Veränderungen herzustellen. Die Landesregierung habe zugesagt, fusionsbedingte Synergieeffekte in der Universität zu belassen und von über den Qualitätspakt hinausgehenden weiteren Stellenabsenkungen abzusehen. Vorausgesetzt die Landesregierung halte ihre Zusagen ein, gebe es keinen Grund, die Fusion als Sparmodell zu diskreditieren. „Sie eröffnet“, sagte der Rektor, „die Chance durch interne Umschichtung von Ressourcen Stärken auszubauen und Innovationen einzuleiten.“

Die Gründe für das Scheitern der überwiegenden Zahl der Fusionen in der Wirtschaft seien vor allem in einer Unterschätzung der „weichen“ sozialpsychologischen und gruppendynamischen Faktoren zu suchen. Lothar Zechlin zitierte den Witten-Herdecker Fusionsforscher Stephan A. Jansen, der als Misserfolgsgründe unter anderem genannt habe, dass es nicht gelinge, eine neue Identität des fusionierten Unternehmens zu schaffen, dass die Beschäftigten sich als „wir“ und „die anderen“ erlebten und dass Fusionen anstrengende Momente der Selbstbeschäftigung seien, für die sich die Kunden nicht interessierten.

Am sensibelsten seien Fusionen von wissensbasierten Unternehmen, bei denen das eigentliche Kapital im Wissen der Mitarbeiter liege. Zechlin konnte die von Jansen genannten Probleme im eigenen Haus bereits entdecken: Die „anstrengenden Momente der Selbstbeschäftigung“ bei der Diskussion um die Neuordnung der Fächerstruktur und die Zuordnung der Fächer zu dem einen oder anderen Campus, die Sozialpsychologie des „wir“ und „die anderen“ und die besondere Problemlage der wissensbasierten Organisationen. „Wissen ist unser eigentliches Kapital!“, wusste Zechlin. Um gute Leute halten oder berufen zu können, müsse ihnen die Hochschule klare Perspektiven bieten können. Der Rektor: „Diese Perspektiven sind aber erst im Entstehen begriffen. Wir befinden uns deshalb in einer extrem labilen Situation.“

Zechlin sprach vom „Langsamen als dem Gewinner“ und sah das Geheimnis erfolgreicher Fusionen in der gemeinsamen Neuentwicklung der beiden Partner auf der Basis ihrer Geschichte und unterschiedlichen Identität: „Worauf es ankommt ist, die Verschiedenheit der beiden Partner anzuerkennen und für eine gemeinsame Entwicklung fruchtbar zu machen, und das braucht eben Zeit.“

Zechlin beschrieb den von ihm entworfenen Zeitplan: Spätestens im Frühjahr werde das Rektorat – nach der Benehmensherstellung mit dem Senat – die Fächerverteilung rechtlich verbindlich festlegen. Bis zum Frühsommer werde Klarheit über die Organisationsstruktur herrschen – ob es etwa viele kleine Fachbereiche oder wenige große Fakultäten geben werde und wie zentrale oder dezentrale Kompetenzen zu verteilen seien.

Aufgabe der zentralen Leitung seien die Erarbeitung eines gemeinsamen strategischen Entwicklungsrahmens, der Aufbau einer Qualitätssicherung und eines strategischen Controllings sowie die Budgetsteuerung. In diesem Rahmen solle jeder Campus sein eigenes Profil festlegen und seine eigene Entwicklung bestimmen und damit auch eine spezifische Duisburger oder Essener Identität bewahren.

Die Ausprägung einer „inneren Autonomie“ auf jedem Campus ist nach Zechlin „Ausdruck des Managements von Differenz“ und soll die Hochschule „auch dazu befähigen, die lokalen Anbindungen der Universität mit den jeweiligen spezifischen Duisburger oder Essener Eigenheiten beizubehalten.“

Während in seinem Grußwort an den neuen Rektor AStA-Vorsitzender Bora Sahin Kritik an der Rechtsverordnung zur Einführung von Studiengebühren übte und Zweifel an der Einhaltung der von der Landesregierung gegebenen Zusagen zu den finanziellen Rahmenbedingungen der Fusion äußerte, bekräftigte Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft, dass es genau bei diesen Zusagen bleiben werde. Sie war überzeugt, dass die Hochschule in Lothar Zechlin einen Rektor gefunden habe, der mit der breiten Zustimmung der Universitätsmitglieder die schwierige Umstrukturierungsphase der nächsten Jahre meistern werde. Mit Nachdruck betonte Kraft die wichtige Rolle, die den NRW-Hochschulen beim Technologietransfer und beim Strukturwandel der Region zufalle.

Zu den prominenten Gästen des Festaktes gehört auch der Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz, Professor Dr. Peter Gaehtgens, der darauf baut, dass die deutschen Rektoren von Zechlins in Graz erworbenem „europäischen Weitblick“ profitieren können. „Denn Weitblick brauchen wird ohnehin, und das Thema Europa ist in den für die Hochschulen zuständigen Bundesländern vielfach noch nicht recht angekommen, manchmal auch nicht in den Hochschulen selbst“, sagte Gaehtgens. Für den Prozess der Vereinigung zweier Universitäten zu einer neuen wünschte Gaehtgens seinem Rektor-Kollegen „eine glückliche Hand“.

Die schreibt der Vorsitzende des Gründungssenats der Universität, Professor Dr. Elmar Lehmann, dem Rektor bereits zu. „Sie sollen – und können und werden, hoffe ich – aus zwei gebrauchten Kleinwagen einen Kraft-Wagen für schweres Gelände machen“, wandte sich Lehmann in seiner Begrüßung an den Hausherrn, sich der Tatsache bewusst, „dass wir in den kommenden Monaten für unsere neue/alte Universität engagiert arbeiten müssen, um erfolgreich zu sein“.

Lehmann hatte sich den Kalender gut angesehen: Tag der Inauguration: 19. November – Buß- und Bettag. Der Termin war mit Rücksicht auf den engen Zeitplan der Wissenschaftsministerin gewählt worden. „Büßen und Beten“, von Hannelore Kraft sich selbst als Politikersatz verordnet oder den Hochschulen verordnet? Da war sich Lehmann nicht sicher, konnte sich „Büßen und Beten“ aber „gut als ständige Politikbegleiter vorstellen“.

Redaktion: Beate H. Kostka, Tel.: 0203/379-2430,

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