Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Sonderforschungsbereich hoch gelobt

Fünf Millionen für die Physik

[14.06.2005] Der Sonderforschungsbereich (SFB) 616 „Energiedissipation an Oberflächen“ ist bei der Begutachtung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft hervorragend bewertet worden. Er wird für weitere vier Jahre mit insgesamt 5 Millionen Euro gefördert. Über diesen großen Erfolg freuen sich gemeinsam die beteiligten Physik-Arbeitsgruppen der Universität Duisburg-Essen in Duisburg und Essen. Sie werden ihre Forschungsprojekte auf der Grundlage großzügig bewilligter Sach- und Investitionsmittel weiterführen. Das gilt auch für 16 in die SFB-Arbeit einbezogene Nachwuchswissenschaftler, die unter exzellenten Bedingungen an ihrer weiteren wissenschaftlichen Karriere arbeiten können.

Für die seit der Einrichtung des SFB vor drei Jahren geleistete Arbeit vergaben die DFG-Gutachter die Note „sehr gut“. Folgerichtig können alle bisherigen Vorhaben in Essen und Duisburg fortgesetzt werden; zusätzlich werden zwei weitere in das Programm aufgenommen.

Das Forscherteam beschäftigt sich mit Prozessen der Energieumwandlung - Dissipation - an Oberflächen, wie sie zum Beispiel bei chemischen Reaktionen im Autokatalysator, beim Durchbrennen feinster Drähte in Mikroprozessoren oder bei der modernen Materialbearbeitung durch Laserstrahlen eine wesentliche Rolle spielen. Das Interesse konzentriert sich dabei weniger auf Anwendungen als auf das Studium der Elementarprozesse bei den einzelnen Dissipationsschritten; sie sollen unter konkret definierten und möglichst einfachen Bedingungen untersucht werden.

Der Sprecher des Sonderforschungsbereiches, der Experimentalphysiker Professor Dr. Michael Horn-von Hoegen beschreibt die Thematik mit Hilfe einfacher Beispiele. Kalte Hände werden warm, wenn man sie aneinander reibt. Eine Energieform wird also in eine andere - hier Wärme - umgewandelt. Die Dissipation kann aber auch zu einem anderen Ergebnis führen, einem erwünschten oder auch nicht erwünschten: Feuer zum Beispiel. Dies war schon unseren Vorfahren aus dem Neandertal bekannt, als sie Stöcke aneinander rieben, um ein Flämmchen zu erzeugen. „Besser“, sagt Horn-von Hoegen, „geht es natürlich mit Feuersteinen, die auch heute noch in Feuerzeugen genutzt werden.“ Und er rät: „Ausprobieren! Energiedissipation riecht heiß!“ Die meisten Vorgänge dabei, das wissen die Physiker, spielen sich an der Oberfläche ab.

Im Sonderforschungsbereich interessieren natürlich nicht so banale Effekte wie die beim Reiben von Händen oder Stöckchen; hier geht es um die elementaren Prozesse der Dissipation. „Dabei schießen wir Physiker mit allem, was uns vernünftigerweise zur Verfügung steht, auf die Oberflächen“, erklärt der SFB-Sprecher. Zur Verfügung stehen Elektronen- und Ionenkanonen, Atomstrahlen, Plasmaquellen und Laserstrahlen. Denn die Grundausstattung im Duisburg-Essener Fachbereich Physik ist hervorragend. Mit ultrakurzen und ultraintensiven Laserquellen, die für ein milliardstel einer millionstel Sekunde 10 Milliarden mal heller leuchten als die Oberfläche der Sonne, steht den Physikern in Kombination mit einem Elektronenmikroskop zum Beispiel das schnellste Mikroskop der Welt zur Verfügung.

Mit Hilfe ihres intensiven „Beschusses“ wollen die Physiker unter anderem klären, wie die Reibung von Atomen oder - beim Stromtransport - von Elektronen an einer Oberfläche abläuft. Wie schnell kann ein fester Körper schmelzen, und wie lange kann man Elektronen in kleine Käfige - Nanostrukturen - einsperren, ohne dass sie verloren gehen?" Was kennzeichnet die sich ebenfalls allesamt an der Oberfläche vollziehenden chemischen Reaktionen in Katalysatoren oder in chemischen Sensoren, wo chemische Bindungsenergie in Wärme oder elektrischen Strom umgewandelt wird?

Die Frage nach der Reibung von Elektronen an Oberflächen wird spannend für Computerhersteller. Denn die richtige Antwort kann die Rechner der Zukunft vielfach so schnell machen wie die der Gegenwart. Und die Frage nach dem Schicksal von Elektronen in kleinen Käfigen interessiert die Branche gleichfalls. Hier könnte die richtige Antwort der erste Schritt zur Entwicklung eines Quantencomputers sein, der nach den Regeln der Quantenmechanik rechnet und damit unglaublich leistungsfähig wäre. Vielleicht in zwanzig Jahren?

So fern liegt der Schritt zur Anwendung der SFB-Ergebnisse also nicht. Vielmehr begeistert sich Physikprofessor Horn-von Hoegen schon heute: „Tolle Dinge kann man mit dem richtigen Werkzeug machen!“ Beispielsweise könne man schon heute die Fehlsichtigkeit des menschlichen Auges durch Hornhautabtragung mit Hilfe eines Lasers korrigieren. Dazu ist allerdings das Verständnis der Grundprozesse extrem wichtig, denn natürlich dürfe das Auge bei einer solchen Behandlung nicht zu warm werden. „Immerhin, ein Zig-Miliarden-Dollar-Markt öffnet sich gerade auf diesem Gebiet der sogenannten Laserablation, was die Bedeutung der Arbeit der Grundlagenforscher deutlich macht“, meint der SFB-Sprecher.

Vier weitere Jahre räumt die DFG den beteiligten Arbeitsgruppen aus Laser- und Plasmaphysik, aus Oberflächen- und Festkörperphysik, aus der Chemie und insbesondere aus der Theoretischen Physik dazu fürs erste ein. Insgesamt sind Sonderforschungsbereiche, die Aushängeschilder der Grundlagenforschung an einer Universität, auf maximal zwölf Jahre angelegt, und mehr als 20 Millionen Euro Fördergeld sollen auch nicht fließen. Die Universität Duisburg-Essen hat diese Art Drittmittel in der Vergangenheit erfolgreich eingeworben. Zur Zeit sind Natur- und Ingenieurwissenschaftler der Hochschule in vier Sonderforschungsbereichen aktiv.

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zur Verfügung. Es zeigt den Sprecher des Sonderforschungsbereichs, Herrn Professor Horn-von Hoegen, am schnellsten Mikroskop der Welt.

Redaktion: Monika R?gge, Tel.: (0201) 183-2085

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