Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Forschungsverbund untersucht Schulzeiten

Alternativen zum Turbo-Abitur?

[25.11.2011] Gestraffter Unterricht, ein schnellerer Ausbildungsbeginn und die internationale Anschlussfähigkeit – diese Argumente sprechen im Prinzip für ein Abitur nach zwölf Jahren. Dass dadurch die Bildungs- und Orientierungsphase zu kurz sein könnte, befürchten andere und befürworten den Schulabschluss nach 13 Jahren. Um herauszufinden, welche Variante welche Vor- und Nachteile mit sich bringt, führt die NRW-Landesregierung einen Schulversuch durch. Er wird von der von der Universität Duisburg-Essen (UDE) und der Ruhr-Universität Bochum wissenschaftlich begleitet.

In Deutschland brauchen Schüler mittlerweile nur noch zwölf Jahre bis zum Abitur. Nach der Grundschule schließen sich acht statt neun Jahre am Gymnasium an (kurz: G8). Dadurch verkürzt sich die im internationalen Vergleich längere Schulzeit; Ausbildung und Berufstätigkeit können früher beginnen. Doch nach wie vor kritisieren Lehrer und Eltern das Turbo-Abitur. Viele sehen in der zeitlichen und stofflichen Verdichtung eine Überlastung der Schüler. Die Lebenszeit von Jugendlichen werde zu stark verplant, und das in einer Selbstfindungsphase, für die sie auch außerhalb der Schule Zeit benötigen.

Deshalb hat die Landesregierung zum Schuljahr 2010/2011 einen Versuch gestartet, bei dem es um die Wiedereinführung eines neunjährigen bzw. eines parallel geführten acht- und neunjährigen gymnasialen Bildungsgangs geht. 13 Einrichtungen nehmen an „G9-neu“ teil, davon bieten drei Gymnasien beide Schulzeitmodelle an. Ob dies einen Innovationsschub bringt, untersuchen nun Wissenschaftler unter Leitung der Bildungsforscherinnen Prof. Dr. Gabriele Bellenberg, Prof. Dr. Isabell van Ackeren und Jun.-Prof. Dr. Grit im Brahm. „Die Beteiligung am Schulversuch bedeutet für die Gymnasien kein einfaches Zurück zum G9-Bildungsgang“, erläutert van Ackeren. „Von ihnen werden neue Konzepte zur flexibleren Schulorganisation, zu passenden fachlichen Anforderungen und verfügbarer Lernzeit sowie zur besseren individualisierten Förderung erwartet.“

Die Erwartung der Eltern ist groß, das zeigen die vielen Anmeldungen für das neue Angebot. „ Auch die sehr hohe Beteiligung von etwa 80 Prozent bei den ersten Elternbefragungen zeugt von außerordentlichem Interesse an der Schulreform und an der wissenschaftlichen Begleitung“, berichtet im Brahm. Analysiert werden die Motive und Erwartungen der Schulträger, der Lehrer und Schüler sowie die konkreten Umstellungsverläufe und -bedingungen. Nicht zuletzt sollen alle Beteiligten den neunjährigen Bildungsgang bewerten und mit dem achtjährigen vergleichen. „Uns interessiert besonders, ob sich die Schulen in der jeweiligen Bildungsregion tatsächlich profilieren können und wie sich dies beispielsweise in den Anmeldezahlen niederschlägt“, so Bellenberg. Das Verbundprojekt ist zunächst auf zwei Jahre angelegt; erste Ergebnisse werden in einem Jahr erwartet.

Weitere Informationen:
Dr. Svenja Kühn, Tel. 0201/183-2607, svenja.kuehn@uni-due.de
Dr. Christian Reintjes, Tel. 0234/32-24766, christian.reintjes@ruhr-uni-bochum.de

Redaktion: Katrin Koster, Tel. 0203/379-1488

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