Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

Feldforschung in China

Veränderungen auf dem Land

[22.10.2009] Traditionelle Strukturen im ländlichen China verändern sich, denn durch das starke Wirtschaftswachstum gibt es ein Wohlstandsgefälle zwischen Stadt und Land. Wie sich der Wandel genau vollzieht, erforschen Prof. Dr. Thomas Heberer und René Trappel vom Institut für Ostasienwissenschaften der Universität Duisburg-Essen (UDE). Für ihr von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Projekt fuhren sie nun zum zweiten Mal für mehrere Wochen nach Asien.

Bei ihrer Feldforschung untersuchten sie in den Landkreisen Laixi (Provinz Sichuan, Nordchina) und Suining (Provinz Sichuan, Südwestchina) das Verhalten lokaler Funktionäre. Dabei wurde deutlich, dass diese vor allem an der eigenen beruflichen Position und Karriere interessiert sind. „Dafür ist es notwendig, lokal erfolgreiche Projekte zu organisieren, um die Aufmerksamkeit der höheren Ebenen zu erregen und zugleich von diesen unterstützt zu werden“, berichtet Professor Heberer. So können sich die Verantwortlichen besser für hochgradigere Aufgaben qualifizieren.

Da konkrete Politik in China häufig in „Modellen“ umgesetzt wird, versuchen die lokalen Kader auf der Kreis- und Gemeindeebene, genau solche „Modelle“ zu schaffen. Das betrifft zum Beispiel Modelle für ländliche Gesundheits- oder Rentenversicherung, Bodengenossenschaften, Dorfsanierung usw. Damit wollen sie ihre Arbeit gegenüber höheren Verwaltungsebenen positiv darstellen. Sie schicken oftmals Berichte und Daten an höhere Organe, die nicht die reale Situation widerspiegeln. Diese Doppelrealitäten beschreibt Heberer als „'politisch korrekte' Berichte, die zwar künftige Ziele aber nicht die aktuelle Situation beschreiben, so dass die übergeordneten Behörden nicht über die tatsächliche Lage in einem Gebiet informiert sind“.

Korruption gehört demnach weiterhin zum Alltag. Die kollektive KP-Mitgliedschaft schafft lokal einen Gemeinschaftskreis und eine gemeinsame Identität. Beides verstärkt sich durch Ähnlichkeiten im Habitus und Konsumverhalten, gemeinsame Trinkgelage und Bankette sowie kontinuierliche Sitzungen. Die Forscher fanden heraus, dass lokale Führungskader strategische Gruppen bilden, die gemeinsam handeln, um ihre Karrierechancen abzusichern oder zu vergrößern. Sie verfügen darüber hinaus über eine kollektive Identität, die ihnen sozialen Rückhalt und Schutz vor politischen Sanktionen der übergeordneten Hierarchieebene bietet.

Das DFG-Projekt untersucht über einen Zeitraum von drei Jahren die Transformation des ländlichen Raumes im gegenwärtigen China. Die Daten der Feldforschungsphase werden bis Ende 2010 ausgewertet.

Weitere Informationen: http://www.uni-due.de/localpolitics/
Prof. Dr. Thomas Heberer, Tel. 0203/379-3727/-3728, thomas.heberer@uni-due.de

Redaktion: Katrin Braun, Tel. 0203/379-1488

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