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2025-10-16 | Veranstaltungen
Veranstaltungen

Science Talk – Logistik

von FoKo


FIW

Vertrauen in KI, Automatisierung und Innovation im Terminalbetrieb

Am Dienstag, 14. Oktober 2025, stand der Science Talk der FIW ganz im Zeichen der Logistik in Kooperation mit dem Zentrum für Logistik und Verkehr (ZLV) und zu Gast beim Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) in Duisburg. Als Referenten gaben Dr. Magnus Liebherr (UDE), Michael Lübke (Evos Hamburg GmbH) und Cyril Alias (DST) vielseitige Einblicke in Digitalisierung, Automatisierung und den Wandel der Terminalindustrie.

Hintergrund: Kooperation durch „DigiTank“
Die Zusammenarbeit von der UDE, DST und Evos entstand im Rahmen des vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderten Verbundprojekts „DigiTank – Digitaler Tanklagerbetrieb“. Ziel ist es, mit digitalem Zwilling, KI-basierten Analysen und mobilen Überwachungssystemen Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit von Tanklagerbetrieben messbar zu erhöhen – menschenzentriert, praxisnah und übertragbar.

Psychologie des Vertrauens in KI
Dr. Liebherr beleuchtete zentrale Faktoren, die Akzeptanz und Vertrauen in KI-gestützte Systeme prägen – von wahrgenommener Sicherheit und Autonomiebedenken über die Rolle von mentalen Modellen bis zu Automation Biases. Seine Kernbotschaft: KI-Kompetenz beeinflusst Einstellungen maßgeblich; erklärbare KI (XAI) und transparente Mensch-Maschine-Schnittstellen fördern kalibriertes statt „blindes“ Vertrauen.

Tanklager als Logistikdrehscheiben
Am Beispiel Evos zeigte Michael Lübke die Rolle von Terminals für flüssige Güter: Knotenpunkte zwischen Schiff, Schiene und Straße, sichere Lagerung (u.a. Mineralölprodukte, Chemikalien, perspektivisch alternative Energieträger), kontrolliertes Be-/Entladen sowie Überwachung und Gefahrenprävention durch Sensorik, standardisierte Prozesse und geschultes Personal. Tanklager sind dabei kritische Infrastruktur, häufig Störfallbetriebe und Teil von Hafensicherheitsbereichen.

Branchendruck & Strukturwandel
In der Terminalindustrie wächst der Innovationsdruck: Die „guten Jahre“ sind vorüber; das Geschäft ist asset-intensiv, fossile Brennstoffe verlieren an Attraktivität und die Energiewende verlangt neue Infrastrukturen. Bestehende Assets geraten unter Margendruck – Gewinne sinken absehbar, Kosten steigen. Mit rund 50% Personalkosten als größtem Hebel trifft die Branche zugleich der demografische Wandel; die Attraktivität für Nachwuchs ist begrenzt.

Strategische Prioritäten bei Evos
Skizziert wurden vier Handlungsfelder:
Business Development: Terminalstandorte an strategischen Importwegen; Unterstützung der Energiewende (z.B. Wasserstoff-Derivate, CO₂-Handling).
Digitalisierung & Automatisierung: Initiativen wie „DigiTank“, AI-Projekte (u.a. smart rail systems, Planungstools) sowie Customer Portal.
Strukturelle Anpassungen: Nachhaltigkeit mit häufig positivem Business Case; Diversifizierung (z.B. HVO/FAME als Übergangskraftstoffe).
Flexibilisierung von Mitarbeitenden: Übergreifendes Training, Ausbildung und Zusammenarbeit mit Universitäten/Instituten.

Konkrete Innovationen
Genannt wurden u.a. Drohnen-Inspektionen (z.B. zur Wanddickenmessung), Sensorik-basierte Überwachung, Effizienzgewinne in der Kesselwagen-Abfertigung (Scannergates, Handhelds, automatisches Buchen/Statussetzung) sowie Perspektiven weiterer Automatisierung – vom „DigiTank“-Programm bis zu Robotik (z.B. bei der Kesselwagenverladung) und langfristig humanoiden Robotern.

Forschung zum Anfassen
Cyril Alias machte die Forschungsarbeit des DST buchstäblich erlebbar: Vor Ort boten Demonstratoren und Exponate – von sensorgestützten Anwendungen bis zu Versuchsaufbauten – Einblicke in aktuelle Entwicklungen und den Transfer in die industrielle Praxis.

Austausch & Netzwerk
Im Anschluss nutzten die Teilnehmenden beim Get-together die Gelegenheit zum intensiven Austausch über Anwendungsfälle, Qualifizierungsbedarfe, Datensouveränität und Haftungsfragen entlang der Wertschöpfungskette.

Die Science Talks bieten regelmäßig Raum für interdisziplinären Austausch in offener Atmosphäre – mit kurzen Impulsvorträgen, praxisnahen Einblicken und viel Gelegenheit zum Netzwerken. Haben Sie ein Thema oder möchten einen Beitrag vorschlagen (gern auch gemeinsam mit internationalen Gästen)? Sprechen Sie uns an – wir freuen uns auf Ihre Ideen!